Rundumblick 2022: Nürnberg, der Wandel einer Metropole - Von der braunen Stadt zur Stadt der Reichsparteitage

Im ersten Workshop über die Frankenmetropole erfuhren wir viel Wissenswertes über Nürnberg als die braune Stadt. Die Farbe braun bezieht sich hier auf die Parteifarbe der NSDAP.

Zuerst brachten wir in Erfahrung, warum Nürnberg im Dritten Reich eine besondere Stellung innehatte. Einen großen Einfluss darauf hatten die Reichsparteitage. Diese fanden zwar erst ab 1927 in Nürnberg statt, trotzdem wurde die Stadt bereits 1933 zum offiziellen Veranstaltungsort erklärt. Der Grund dafür lag unter anderem in der Vergangenheit Nürnbergs, wo im Mittelalter die Reichstage des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation stattfanden. Außerdem befand sich im Südosten der Stadt ein 11 km2 großes, freies Areal. In der Zeit vor Fernsehen, Internet und Social Media dienten solche Großveranstaltungen der Machtdemonstration und dem Stimmenfang der Partei. Wie in einigen anderen deutschen Städten, gab es auch in Nürnberg verschiedene rechte Gruppierungen. Das rechtsextreme, antisemitische Wochenblatt „Der Stürmer“ wurde hier produziert. Nachdem wir einige Titelblätter dieses Wochenblattes mit antisemitischen Abbildungen, die im Zuge der Verschwörungstheorien rund um das Thema Corona veröffentlicht wurden, verglichen, konnten wir traurigerweise Parallelen ausmachen, die uns abermals vor Augen führten, wie wichtig es ist, dass alle Menschen aus der Geschichte versuchen zu lernen, damit Rassismus und Hass keinen Nährboden finden.

Über die Kraft der Medien und deren manipulative Wirkung durch den gezielten Einsatz filmischer Mittel wussten bereits die Nationalsozialisten bestens Bescheid und nutzten diese wie wir anhand der kritischen Analyse der Vorbehaltsfilme „Triumpf des Willens“ und „Jud Süß“ erkennen konnten.

Jud Süß ist ein extrem antisemitischer und von Propaganda geprägter Film, der im Jahr 1940 von den Nationalsozialisten veröffentlicht wurde. Die Protagonisten Joseph Süß Oppenheimer – der geheime jüdische Finanzrat des württembergischen Herzogs Karl Alexander -, der Herzog Karl Alexander und alle anderen Figuren des Films leben in der Zeit um 1700. Oppenheimer beeinflusst im Film immer wieder die Meinung des Herzogs zu seinen Gunsten, wodurch er immer mehr Geld und Macht für sich selbst gewinnt. Als ein Aufstand der verschiedenen Stände im Herzogtum droht, rät Oppenheimer dem Herzog zur gewaltsamen Niederschlagung dieser Aufstände. Oppenheimer nutzt seine größer werdende Macht im Herzogtum immer mehr aus und handelt vollkommen willkürlich. Die Tochter des Landständevorsitzenden, die er begehrt, die allerdings verheiratete Christin ist, vergewaltigt er. Als die Aufstände im vollen Gange sind, stirbt der Herzog und Oppenheimer wird wegen Hochverrats, Geschlechtsverkehrs mit einer Christin und vielen anderen Dingen verurteilt und soll erhängt werden. Das Ende des Films wurde durch den bettelnden und zum Tode verurteilten Oppenheimer dramatisch und elend dargestellt, um den Judenhass im Dritten Reich zu verdeutlichen. Die Nazis wollten mit dem Propagandafilm die Meinung verbreiten, dass man die Hinterlistigkeit der Juden nicht merke und sie Betrüger seien, die gierig nach Macht und Reichtum wären. Sie würden die Menschen betrügen und man müsse sie demnach umbringen.

Man kann Filme wie diese nicht öffentlich ansehen oder kaufen, da sie verboten sind. Nur für bestimmte Zwecke, wie zum Beispiel Bildungszwecke sind sie zugänglich. Beim Anschauen des Films erschraken wir oft vor dem Inhalt und dem Handeln der Personen, da dieses für uns unvorstellbar ist. Dennoch war der Film für Zwecke geeignet, die den Menschen vermitteln, dass Hetze und Hass nie wieder die Oberhand gewinnen dürfen.

Im zweiten Workshop standen die Nürnberger Prozesse und deren Wirkung bis in die Gegenwart im Zentrum. Durch den Film von Ullabritt Horn „A man can make a difference“, der die Vita des Chefanklägers im Einsatzgruppenprozess, Benjamin Ferencz, skizziert, wurde deutlich, welch ein Novum diese Prozesse in Nürnberg waren. Die Verantwortlichen für die nationalsozialistischen Verbrechen wurden in einem ordentlichen, auf Beweisen gestützten Verfahren zur Verantwortung gezogen. Es wurde auch gezeigt, inwiefern diese Prozesse als Vorbild für die Gründung des Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag 2002 dienten.

Am 16.7.2022 fand dann eine Exkursion nach Nürnberg in Begleitung von Frau Mocker und Frau Bichler statt. So konnten wir uns bei einer Führung durch den Nürnberger Justizpalast die örtlichen Gegebenheiten vor Augen führen. Besonders der Saal 600 als Ort der Hauptkriegsverbrecherprozesse hinterließ einen bleibenden Eindruck. Durch die vielseitige Ausstellung wurde deutlich, dass die Wahl Nürnbergs als Schauplatz eher auf pragmatischen und geostrategischen Aspekten beruhte und weniger auf der Bedeutung Nürnbergs als Stadt der Reichsparteitage.

Als Abschluss unserer Exkursion nach Nürnberg haben wir die Straße der Menschenrechte besucht, die ein wichtiges Symbol der Stadt darstellt. Dabei handelt es sich um eine Gedenkstätte in der Innenstadt, wobei der Hauptbestandteil der Straße die 27, jeweils 8 Meter hohen Betonpfeiler sind. In jedem von ihnen ist ein Artikel der Menschenrechte in deutscher sowie einer anderen Sprache eingemeißelt. Laut dem israelischen Künstler Dani Karavan ist die Straße der Menschenrechte „sowohl eine Anklage gegen die Verbrechen der Nationalsozialisten als auch eine zu Stein gewordene Mahnung an die Menschen, dass die Menschenrechte auch heute noch in vielen Staaten der Erde massiv verletzt werden“. Unserer Meinung nach war das Entlanglaufen an der Straße eine eindrucksvolle Erfahrung, da man sich der Bedeutung der Menschenrechte für jeden einzelnen bewusst wird und erkennt, wie wichtig diese sind.

(Sebastian Jacobsen, Laurenz Artner, Maja Zinsmeister)