Wie erklärt man das Wort „Stein"?

Oberstufenschülerinnen unterstützen jugendliche
Flüchtlinge beim Spracherwerb

LSR

Die Stiftung St. Johannes unterhält in Neuburg im Rahmen der Jugendhilfe mehrere Unterkünfte für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Derzeit betreut die Stiftung 18 Jugendliche in Containern bei der Gemeinschaftsunterkunft sowie drei sogenannte „Außen-WGs", in denen jeweils sechs jugendliche Flüchtlinge zusammenwohnen. Diese Jugendlichen besuchen alle BIJ-Klassen an der Berufsschule, wobei BIJ für Berufsintegrationsjahr steht. Hier steht der Erwerb der deutschen Sprache im Vordergrund, wobei auch andere Fächer wie z. B. Mathematik unterrichtet werden.

 Wenn die Jugendlichen – übrigens alles Jungs - mittags von der Schule kommen, sind sie erst einmal ziemlich erschöpft. Mehrere Stunden intensiver Sprachunterricht fordern ihren Tribut. Nach dem Mittagessen gönnen sie sich meist ein kleines Nickerchen. Doch dann stehen – wie bei allen Schülern – Hausaufgaben an. Für die pädagogische Betreuung am Nachmittag, insbesondere auch für die Unterstützung bei den Hausaufgaben, gibt es eine hauptamtliche Kraft. Sie ist eine voll ausgebildete Gymnasiallehrerin mit der Fächerkombination Englisch, Katholische Religionslehre. Wenn man mit ihr über die Jugendlichen spricht, spürt man sofort die Leidenschaft und die Überzeugung, mit der sie hier ihrer so wichtigen Arbeit nachgeht. Doch eine pädagogische Kraft für insgesamt 36 Jugendliche?

Schülerin unterstützt FlüchtlingBereits zu Beginn des Schuljahres 2015/16 hatte eine Arbeitsgruppe „Flüchtlingshilfe", die im Rahmen des Klassensprecherseminars entstanden war, Kontakt zur Stiftung St. Johannes aufgenommen und angefragt, ob unsere Schule in irgendeiner Weise helfend tätig werden könnte. Der Leiter der Jugendhilfe, Herr Norbert Eszlinger, hatte hier sofort ein paar Ideen, wie Schüler des Descartes-Gymnasiums die jugendlichen Flüchtlinge unterstützen könnten. Nach etwas organisatorischem Vorlauf und zwei informativen Treffen gibt es nun seit Februar 2016 eine feste Kooperation der beiden Einrichtungen:
Insgesamt zwölf Schülerinnen der Oberstufe gehen einmal die Woche bzw. alle zwei Wochen für eineinhalb Stunden zu den Flüchtlingen und helfen ihnen mit den Hausaufgaben. Die hauptamtliche Pädagogin steht ihnen dabei stets mit Rat und Tat zur Seite.

Johanna ist seit Anfang an aktiv dabei und meinte: „Mich beschäftigte die Flüchtlingsproblematik schon die ganze Zeit und ich wollte mich unbedingt in diesem Bereich engagieren. Da kam der Aufruf an der Schule genau richtig!" Auf die Frage, wie sie die Arbeit mit den Flüchtlingen erlebt, erzählte sie: „Die Jungs sind sehr schüchtern und zurückhaltend, was ich gut verstehen kann. Wir sind ja Fremde für sie! Sie sind aber sehr motiviert und wollen wirklich Deutsch lernen. Mir macht die Hausaufgabenbetreuung sehr viel Spaß, auch wenn es manchmal sehr anstrengend ist. Wie erklärt man z.B. jemanden, der noch kaum Deutsch spricht, was das Wort „Stein" bedeutet?"
Auch wissen die Mädchen im Voraus nie, was in den Hausaufgaben auf sie zukommt. Sie können sich also nicht vorbereiten und müssen stets sehr flexibel und spontan auf die jeweiligen Stoffinhalte und Schwierigkeiten reagieren.

bei der DeutschhausaufgabeDie jugendlichen Flüchtlinge freuen sich auf die Mädchen, auch wenn es für sie sehr ungewohnt und vielleicht auch schwierig ist, mit Mädchen zusammenzuarbeiten. Ein Großteil der Jugendlichen ist muslimisch und für sie ist ein freundschaftlicher Umgang mit Mädchen absolut ungewohnt, wenn nicht bis dato eigentlich undenkbar. So helfen die Mädchen ihnen nicht nur beim Deutscherwerb, sondern auch bei der Anpassung an unsere Gesellschaft.

Laut Herrn Eszlinger stellt die Arbeit der Schülerinnen eine riesige Entlastung für das gesamte Team dar. "Wir sind  sehr dankbar für das Engagement der Schülerinnen." Er lobte auch die Zuverlässigkeit der Mädchen und zeigte sich aufrichtig begeistert über die konstruktive Zusammenarbeit.

Das Descartes-Gymnasium bzw. die Arbeitsgruppe „Flüchtlingshilfe" möchte die Kooperation mit St. Johannes auf alle Fälle beibehalten und nach Möglichkeit noch erweitern.

Der Einsatz unserer Schülerinnen wurde übrigens auch vom LandesSchülerRat durch eine Urkunde honoriert:

Urkunde LRS